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Werden Parteipräsidenten kurz vor der Amtsübernahme zu Fraktionsstrebern?

Werden Parteipräsidenten kurz vor der Amtsübernahme zu Fraktionsstrebern?

Am vergangenen Samstag wurde der Aargauer Ständerat Thierry Burkart an der Delegiertenversammlung der FDP.Die Liberalen zum neuen Präsidenten gewählt. Der Jurist gehört dem rechten Flügel der Partei an. Wir haben uns die Frage gestellt, wie sich im Hinblick auf Burkarts Amt seine Fraktionsdisziplin bei nationalen Abstimmungen über die Zeit (zwischen 2015 und 2021) verändert hat. Um die Daten in den Kontext zu setzen, vergleichen wir die Entwicklung der Fraktionsdisziplin von Burkart mit derjenigen von Marco Chiesa, Parteipräsident der SVP sowie Mattea Meyer und Cédric Wermuth Co-Präsident*innen der SP, alle drei wurden relativ neu ins Amt gewählt. Werden angehende Parteipräsidenten vor Amtsantritt zahmer und stimmen vermehrt wie die Mehrheit ihrer Fraktion?

Jede Stimme, die nicht der Mehrheitsmeinung der Fraktion entspricht, gilt als abweichende Stimme. Die Daten stammen alle direkt aus politik.ch. Bei Thierry Burkart lässt sich beobachten, dass sein Anteil abweichender Stimmen verglichen mit den anderen Parteipräsident*innen deutlich höher war. Im Schnitt sind rund 7% aller seiner Stimmen von der Mehrheit der Fraktion abgewichen, während bei Chiesa vor seiner Präsidentschaft durchschnittlich 5.5% und bei Wermuth und Meyer, ebenfalls vor Ihrer Präsidentschaft, nur etwa 2% der Stimmen nicht der Fraktionsmehrheit entsprochen haben. Auffallend ist jedoch, dass Burkart 2020 nur noch bei 0.64% all seiner Stimmen gegen seine Fraktion gestimmt hat, also gerade etwa 10mal weniger oft als in den fünf Jahren zuvor. Auch für das aktuelle Jahr 2021 ist ein angepassteres Verhalten messbar.  

Bei Marco Chiesa von der SVP, wurde ein Jahr vor Amtsübernahme ebenfalls eine Abnahme der abweichenden Stimmen registriert. Interessant hier ist jedoch, dass er in seinem ersten Amtsjahr überdurchschnittlich oft, nämlich in 10% der Abstimmungen, gegensätzlich zur Fraktionsmehrheit gestimmt hat; dabei ist jedoch zu beachten, dass das Wahlverhalten im Ständerat generell weniger von Partei-/ Fraktionsdisziplin geprägt ist; sehen Sie sich dazu unsere verschiedenen Beispiele aus der Vergangenheit an.  Für das aktuelle Jahr ist jedoch eine stärkere Angleichung deutlich erkennbar. Da Wermuth und Meyer bereits über die ganze Zeit auf tiefem Niveau gegen die Mehrheit der Sozialdemokratischen Fraktion gestimmt haben und somit eine grundsätzlich hohe Fraktionsdisziplin zeigten, sind die Tendenzen hier weniger deutlich. Zwar zeigt sich bei Wermuth ein leichter Rückgang in den Jahren vor und im ersten Jahr seiner Präsidentschaft, bei Meyer ist ein leichter Rückgang jedoch erst im Jahr 2020, also während des Amtes, zu beobachten. Für das laufende Jahr 2021 verhalten sich die beiden Sozialdemokraten hoch angepasst an ihre Fraktion.

Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Zunahme der Fraktionsdisziplin im Hinblick auf das Amt des/r Parteipräsident*in durchaus zu erkennen ist, aber es gibt Unterschiede in der Dimension. Bei Thierry Burkart zeigt sich dieses Bild am stärksten, insbesondere im Jahr 2020, in welchem er eine signifikant höhere Fraktionsdisziplin aufgewiesen hat. Es bleibt abzuwarten, wie er sich nun im Amt verhalten wird.

 

Thierry Burkart, FDP, Abweichende Stimmen 2015-2021

Marco Chiesa, SVP, Abweichende Stimmen 2015-2021

Cédric Wermuth, SP, Abweichende Stimmen 2015-2021

 

Mattea Meyer, SP, Abweichende Stimmen 2015-2021

 

Kontaktieren Sie uns gern für einen Präsentationstermin – selbstverständlich jederzeit online und per Video möglich.

Kommentare

  • Sabine Basler
    7. Oktober 2021

    Interessant! Nur ootisch leider nicht ganz fair: die y-Achsen haben unterschiedliche Dimensionen. Wären diese gleich, wäre das Resultat optisch noch viel eindeutiger. Es gibt Leute, die lesen kaum noch Texte, schauen nur Grafiken an. Und diese oft nur flüchtig. Darum wäre hier eine Optimierung angezeigt.

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